Wie wird Selbstverletzung normalerweise behandelt?

Da in Deutschland ca. 95 Prozent der Psychotherapeuten und in Schweden sogar knapp 100 Prozent der Schule der Verhaltenstherapie angehören, sind die Therapiemethoden recht gut allgemein vorhersagbar. Die wenigen anderen Psychotherapeuten in Deutschland haben die Methoden der Verhaltenstherapie übernommen. Lediglich in Österreich und der Schweiz gibt es im deutschen Sprachraum eine Vielfalt von Behandlungsmethoden.

Was die Therapeuten in Deutschland und Schweden angeht, so haben fast alle in ihrer Ausbildung und Fortbildungen dieselbe Methode erlernt, wie man (angeblich) die Selbstverletzung therapieren kann. Allem zugrunde liegt zuerst einmal die feste Überzeugung, dass sie therapierbar sei. Und therapierbar heisst: entfernbar. Das ist gar nicht so selbstverständlich, wie es scheint, wenn du gewohnt bist, dass Selbstverletzung therapiert werden müsse. Wir therapieren nämlich keineswegs alle „schlechten“ Verhaltensweisen. Aber dazu in einem späteren Kapitel über Drogen.

Gegen Selbstverletzung wird in Deutschland und Schweden allgemein die Dialektisch-behaviorale Verhaltenstherapie von Marsha Linehan angewendet. Diese sieht ein ganz anderes Entstehungsmodell für Selbstverletzung als das, was ich eingangs geschildert habe. Es gibt darin keine Hormone und Neurotransmitter, sondern lediglich falsches erlerntes Verhalten, denn es ist eine Verhaltenstherapie. Darin wird im Grunde falsche Erziehung durch richtige Nacherziehung korrigiert. Dazu ist die Autoritätsperson Therapeut ein Ersatz für die Eltern und vergleichbare Bezugspersonen im vorherigen Leben. Sie setzt dazu Belohnung und Bestrafung ein. Das sind natürlich keine Peitschenhiebe und Zuckerwürfel wie bei den Tierversuchen, in denen sie entstand, sondern modernere und sanfte Methoden wie ein Lächeln im Gesicht oder ein Kopfschütteln und strenge Ermahnungen.

Zusätzlich zu Lohn und Bestrafung hat die DBVT Ersatzverhalten für den Belohnungseffekt der Selbstverletzung ausgedacht, die ihn ersetzen sollen. Diese geben Betroffene auf zahlreichen Seiten auch als so genannte Skills weiter.